W
I R E 0 1
Yokohama, Japan
-
Feiern
in Planquadraten
Haette
ich gewusst, was mich auf dieser Party erwartet, haette ich es mir wahrscheinlich
noch mal ueberlegt... nun ja, aber irgendwie hatte ich immer noch die Metamorphose
im Hinterkopf und dachte, die Wire01 waere auch irgendwie eine Open Air Veranstaltung...
Was sie Gott sei Dank nicht war, denn als wir am Samstag kurz nach 18 Uhr
an der Yokohama Arena ankamen, regnete es in Stroemen. Nun, jedenfalls die
Wire01 war eine Massenveranstaltung wie die Mayday zu ihren "besten"
Zeiten. Ueber 10 000 Menschen in einer riesigen Halle, ultradicke Light- und
Lasershow, dickes Lineup (s.u.) und vor allem dicker Einrittspreis. Wenn ich
hier sage dickes Lineup, dann gilt nur fuer japanische Verhaeltnisse. Das
Lineup war zwar schon fett, nur wenn man mal den Eintrittspreis dazu anschaut,
dann klappt einem echt der Unterkiefer runter: 11.550 Yen, das sind nach dem
aktuellen Umrechnungskurs herzinfarktverdaechtige 200 DM (!!!!!). Wenn wir
das mal mit dem Lineup und dem Eintrittspreis z.B. von der Time Warp 12 dieses
Jahr vergleichen (siehe Bericht), dann wird einem vielleicht die Relation
klar, von der wir hier reden. Trotzdem war die zigtausend Menschen fassende
riesige Halle ausverkauft. Ein paar meiner Freunde waren sogar extra schon
um 16 Uhr vor der Tuer gestanden (18h ging's los) um noch Karten zu bekommen.
Um ca. 18.30h passierten wir den Eingang. Danach wollten wir erst mal unsere Rucksaecke abgeben. Die riesen fette Schlange schreckte mein Freunde nicht ab, also let's go and sweat, es war naemlich sau heiss in der Schlange. Obwohl die Schlange ewig lang war (siehe Bild), waren wir doch "schon" nach ca. 40 Minuten am Schalter.
Auch
das jonglieren mit der Masse an Gepaeck war durchorganisiert: Alles wurde
einfach in grosse Plastiktueten getan mit einen Zettel dran, das war's. Je
nach Urzeit hatten die Tueten eine andere Farbe. Der Spass kostete auch gleich
mal wieder 500 Yen (ca. 10 DM)...
Um kurz nach 19 Uhr ging's dann endlich mal in die Halle. Dort guckte ich
auch erst mal dumm aus der Waesche: Die Japaner hatten alles 101% perfekt
organisiert:
Die ganze Tanzflaeche war in Planquadrate unterteilt (siehe Bild unten). Jeder
Bereich war umzaeunt und hatte einen Eingang, der von einem Security "gesichert"
wurde.
Jetzt
wird's kompliziert:
Jedes Ticket war einem bestimmten Bereich zugeordnet. Als aller erstes musste
man mal zu seiner "Homearea" und da sein Ticket vorzeigen. Dann
bekam man einen Stempel, und mit diesem Stempel konnte man dann auch alle
anderen Areas passieren.
Vielleicht hat jemand schon mal einen dieser Berichte im TV gesehen, wie die
Cowboys in Texas ihre Rinder Brandmarken: Die ganze Herde wird in ein Labyrinth
von Gaengen getrieben und dann durch geschicktes Oeffnen und Schliessen der
einzelnen Gaenge sortiert nach Kalb, Kuh, Stier, was weiss ich. Genau diese
Assoziation hatte ich, als ich in die Halle kam, und im Prinzip lief es auch
genau so ab.
Das ganze war perfekt eingespielt: Wenn es in einer Area (wie zum Bsp. um die Buehne) zu voll wurde, dann wurde der Bereich einfach abgesperrt und Durchgaenge wurden zu Einbahnstrassen oder ganz geschlossen. Alle Leute die dann vor die Buehne wollten, wurden geschickt so geleitet, dass sie entweder am Ausgang landeten oder in einer leereren der Areas im aeusseren Bereich. Logischerweise passte ein Heer von Securities darauf auf, dass niemand auf dem Gang anfing zu tanzen. Sobald das passierte kam einer angerannt und sagte, man solle sich in irgendeine der Areas begeben.
Es kam mehr als einmal vor, dass ich bei einem Act mal vor an die Buehne wollte, nur um mal ein Pic zu schiessen. Aber keine Chance. Ich landete dann irgendwo am hinteren Ende der Halle oder am Ausgang. Manchmal bin ich echt 15 Minuten in der Gegend rumgerannt um eine offene Area finden bzw. erreichen zu koennen. Perfekte Durchflussplanung, oder ? Reingeleitet, rumgeleitet, rausgeleitet. Logistiker und Chaosforscher duerfen sich auf die Schulter klopfen.
Versteht mich nicht falsch, das war ja schon wirklich alles super praktisch durchdacht: Die Leute wurden so gleichmaessig ueber die Halle verteilt, es gab keine Gedraengel, auch nicht vor der Buehne. Man hatte immer genug Platz zum Tanzen, egal wo man war. Sofern man zu den Gluecklichen gehoerte, die bei einem Top Act im vorderen Bereich waren, konnte man ungestoert abfeiern. Ausserdem konnte man wirklich von jedem Punkt der Halle blitzschnell einen der Ausgaenge erreichen. Wenn man also mal super dringend aufs Klo musste oder sonst irgendwas hatte war man ruck zuck draussen. Es gab auch nirgendwo Staus oder Gedraengel in der ganzen Halle, wie man das vielleicht von deutschen Grossveranstaltungen kennt. Ihr wisst schon, man will von A nach B und ploetzlich steht man zusammengequetscht in einer Masse von Leuten und es geht weder vorwaerts noch rueckwaerts. Alles hatte sicherlich seinen praktischen Zweck und auch wirklich Vorteile, ausserdem hat es garantiert jede Sicherheitsvorschrift erfuellt, die man nur erfuellen kann. Mag ja alles sein, aber Tatsache war: Die ganze Atmosphaere der Location war dadurch suuuuuper beschissen. Daran konnten auch die dicken Laser- und Lightshows nichts aendern. Man fuehlte sich wie im Zoo oder im Knast, kurz, man fuehlte sich einfach "massenabgefertigt". Aetzend, und ich musste in den ersten Sekunden in der Halle echt dem Drang wiederstehen einfach mein Zeug zu packen und wieder heimzufahren...
Uebelste
Voraussetzungen also, aber, man glaubt es kaum, die japanischen Party People
mit ihrer ehrlichen, froehlichen, natuerlichen und einzigartigen Art zu feiern,
schafften es trotzdem diese Atmosphaere in einer Welle von "positive
vibes" untergehen zu lassen (so intensiv hatte ich so was das letzte
mal auf der 96 Loveparade erlebt). Unterstuetzt von den DJs klatschen, jubelten,
schrieen und huepften sie was das Zeug hielt und brachten die Stimmung auf
die Siedepunkt..... wieder mal THX und dicken RESPEKT !
Es gab zwei Buehnen im Raum, an den gegenueberliegenden Enden der Halle. Eine
war fuer die Liveacts und eine fuer die DJs. DJs und Liveacts wechselten sich
ab, so dass die Leute sich mal mehr vor der einen und dann vor der anderen
Buehne sammelten. Wenn man frueh genug da war, konnte man also schon ohne
Probleme in eine Area vor der Buehne kommen.
Mal ein kurzer Abriss zu den Acts, zumindest das, was mir noch einfaellt:
Den Anfang machte DJ Tasaka. Von ihm habe ich kaum was mitbekommen, denn als
er spielte standen wir in der Schlange zur Gardarobe. Das, was ich ueber den
Bildschirm im Aussenbereich mitbekommen habe, war ganz ok gewesen.
Monika Kruse brachte schon richtig fett Stimmung in die Halle. Sie praesentierte
ein gewohnt recht hartes Set, Einzelheiten sind mir entfallen, aber es war
echt gut. Auch die meisten meiner Freunde, die Monika Kruse bisher noch nicht
gekannt hatten, waren begeistert. Das Publikum exerzierte jede von Monikas
Bewegungen begeistert nach, war echt lustig: Klatschte sie in die Haende,
dann klatsche spaetestens beim 2. Mal die ganze Halle mit. Hob sie die Arme
im Rhythmus der Musik uebern Kopf, hatte sofort die komplette Halle den Arm
oben. Winkte sie dem Publikum zu, rissen sofort alle die Arme in die Luft
und schrieen wie verrueckt... wirklich unglaublich ;o)) Bei den anderen DJs
war es aehnlich, aber bei keinem so intensiv wie bei Monika Kruse.
Auch der Live Act von Secret Cinema hat mir ganz gut gefallen, zum Teil etwas
zu viel Geschrubbe, aber ein paar coole Tracks mit schwerem Detroit Beat waren
dabei.
Auch Fumiya Tanaka aus Tokio fand ich echt gut, aber auch hier koennte ich
jetzt keine Einzelheiten mehr nennen. Ich erinnere aber noch, dass ich jemanden
gefragt habe, wer da grad auflegt, weil die Musik so geil war.
Um 23.00h war Westbam am Start. Er hat ja bei uns ein wenig den Ruf des "Kommerz-Mega-Event-DJs"
anhaften, na ja vielleicht auch nur im Frankfurter Raum. Keine Ahnung, jedenfalls
in Japan ist er hoch angesehen, ich wuerde sogar sagen der hoechst angesehenste
aller deutschen DJs. Das liegt sicher auch an seinen zahlreichen Gigs in Japan
und seinen gemeinsamen Projekten mit Takkyu Ishino ("Takbam"). Allerdings
haelt man in Japan auch die Loveparade und die Mayday fuer Deutschlands beste
Techno-Veranstaltungen, was letztendlich sicherlich auf die grosse Beliebtheit
Westbams zurueckzufuehren ist. Wie auch immer, Westbams Gig an diesem Abend
war echt super ok, hat mir gefallen. Er ist einer der aller ersten Stunden
der deutschen Technobewegung, und an diesem Abend hat er gezeigt, dass er
gelernt hat mit der Menge umzugehen wie kaum ein anderer. Es gab ein paar
harte Tracks, ein wenig Electro, etwas house- und acidlastige Stuecke, wenn
ich mich richtig erinnere. Ein paar Showeinlagen fuers Japanische Publikum
(auf so was fahren die Japaner voll ab), insgesamt wie gesagt echt gut.
Von den Ural 13 Dictators weiss ich garnichts mehr, und Takkyu Ishino hab
ich irgendwie voll verpasst.
Danach ging's weiter mit C.J. Bolland. Bei dem Duo macht einer die Musik,
und der andere soll die Leute animieren. Der MC praesentierte sich im Muskelshirt,
damit man auch ja die "From Dusk Till Dawn"-Taetowierung sah (ach,
wie abgefahren) und mit super-hip-crazy verkehrtherum aufgesetzter Muetze
(siehe Bild). Die Musik war ganz ok am Anfang, aber auf Rumgehuepfe und Sprueche
wie man sie von Scooter kennt kann ich echt verzichten. Natuerlich in Englisch,
was 85% der Anwesenden eh nicht verstanden hat. Kein Wunder, dass kaum eine
Reaktion kam wenn er "Make some noise !!!" in Mikro schrie. Originell
waer's gewesen, wenn er ein paar japanische Saetze gelernt haette, aber so
blieb es halt bei den platten Animationsspruechen in English. Ausserdem war
der Typ irgendwie im komplett falschen Film gelandet und bruellte die ganze
Zeit irgendwas "Hello Tokio" ins Mikro. Die Party war in Yokohama
Junge ! Das ist ne Stadt so gross wie Berlin, Tokio ist ca. 25 km weiter noerdlich
! Na ja, was reg ich mich auf ... *g*. Passend dazu gab's zu Schluss dann
noch ein wenig 0-8-15 Trance. Das hab ich mir aber nicht mehr gegeben, ich
machte mich fruehzeitig auf den Weg zur anderen Hallenseite um mir einen Platz
vorm DJ Pult fuer DJ Hell's Gig zu sichern...
DJ Hell lieferte an diesem Abend das fuer mich mit Abstand originellste Set,
was ich eigentlich auch erwartet hatte. Quer durch die Bank gab's extravagante
Tracks, vor allen viele Tracks mit Sprachsamples. Groovige, teilweise recht
acidlastige Tracks. Hat mir gefallen. Als Sahnehaeubchen gab's dann Force
Legato's (oder wie das geschrieben wird) "System" aus dem Jahr 1989.
Westbam, der sich hinter der Buehne aufhielt, wird's gefreut haben.
Als letzter Act der Party war Jeff Mills angesetzt. Grosser Name, ich weiss,
aber hat mich echt nicht vom Hocker gerissen das Set, ganz im Gegenteil. Wie
auch schon im MTW letztes Jahr. Nonstop monotones Geschrubbe und dazu ein
wenig an der 808 oder 909 (oder was weiss ich was das war) rumgespielt. Ziemlich
lieblos das ganze Set, zumindest hab ich das so empfunden. Einfach irgendwas
auf den Plattenteller geschmissen, kein Intro und auch kein Abklang. Als seit
Set zu ende war hat der den letzten Track einfach irgendwie ausgefaded und
ende. It's buissness you know ? Ach nee, fast mechanisch gab's dann zum Schluss
noch "Night of the Jaguar". Bei Jeff Mills' Gig gab's fast die ganze
Zeit kein Geklatsche, keine Schreie, garnichts. Alle tanzen einfach nur mechanisch
vor sich hin, untypisch fuer das japanische Publikum, das war bei keinem anderen
DJ vorher so gewesen. Nun ja.
Um kurz nach 6 Uhr war dann auch endgueltig Schluss. Auch das entleeren der
Halle war natuerlich perfekt organisiert. Die Securities stellten die "Alle-Leute-Raus"-Konfiguration
bei den Gittern ein und rannten mit Megaphon durch die verschieden Areas um
auch die Leute, die sich noch ein wenig auf dem Boden ausruhten, zu verscheuchen...
Innerhalb von ungelogen vielleicht 10 Minuten war die Halle fast komplett
leer und 10000 Leute nach draussen geleitet.
Insgesamt gesehen eine war die Party eine interessante Erfahrung, auch wenn
ich ein zweites Mal darauf verzichten kann. Vor allem auf den Eintrittspreis
!
OK, das war dann auch mein letzter Auftritt hier in Japan ! Jetzt geht es
noch kurz auf Reisen, und ab 24.09.2001 gibt's wieder (mehr) Bericht aus Germany
!
An dieser Stelle Gruesse an die gesamte japanische Feierfront, macht's gut,
es war ein supergeile Zeit und ich hoffe wir sehen und bald wieder !!!!!!!!!!!
Especially
many greets to:
Masil, Eriko (both), Maya, Takahiru, Midori, Yuko, Reirei,
Taiyo, Nori, Ichiban, KSK , Ten, Taros, Yoko, J.P., Sato, Yuka, The Tokyo
Getto Ninja, Makiko, Shin-no-suke, Haru, Yumi, Horichan, Ryuji, Keiko, Watts,
Tama
.... and everyone I forgot !!!!!!
Domou
arigatou gozaimashita !!
Ganbatte !
Wire01
Homepage :
http://www.wire01.com
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