01
|
Alle Jahre wieder…
Letztes Jahr war ich bei der „traditionellen“ Liquidroom Countdown Party leider verhindert. Ein Grund mehr, dem Liquidroom dieses Jahr mal wieder einen Besuch abzustatten. Das Liquidroom ist ja seit 2004 in einer neuen Location. Bei meinem ersten Besuch hatte ich einige Probleme diese zu finden, was mir einen längeren Marsch durch den Schneematsch Tokios beschert hatte (siehe Bericht 2004/2005). Dieses mal ging aber alles glatt: Mit der Tokioer JR Yamamote Line bis zur Station „Ebisu“ fahren, dort den West Exit nehmen, dann die Straße überqueren und rechts halten, und nach 3 Minuten ist man schon am Club.
Ich wollte unbedingt noch eines dieser begehrten Schließfächer im Club bekommen, daher war ich bereits 21h vor Ort. Voll wurde der Club allerdings erst richtig zwischen 0 und 1 Uhr. Der Eintrittspreis von 5000 Yen war für japanische Verhältnisse akkurat, ich erinnere mich dunkel vor 2 Jahren 7500 Yen bezahlt zu haben. Dank des starken Euro-Kurses (momentan 1 Euro = ca. 155 Yen) entsprach dies ja fast schon deutschen Verhältnissen (32 Euro). Als ich um kurz nach 21h die Tanzfläche betrat war gerade Fumiya Tanaka an der Turntables.Das Pult war dieses mal etwas weiter nach unten versetzt als bei meinem letzten Besuch, weswegen man wenigstens mal was vom DJ sehen konnte. Fumiya bot dem Publikum wie immer progressive, intelligente Musik, schön rhythmisch und gut tanzbar.Wie die Jahre zuvor auch schon hat mir sein Set besser gefallen als das von Japans DJ-Ikone Nr.1 Takkyu Ishino, der ab 0.00h auflegte, obwohl es natürlich auch weitaus kürzer war.
Gegen 23h wurde der Club dann richtig voll. Vor der Tür bildete sich eine lange Schlange, und ich war dann doch froh, dass ich so früh da gewesen bin. Die Stimmung war zu diesem Zeitpunkt wirklich gigantisch. Obwohl Fumiya noch nicht mal die Hammertracks ausgepackt hatte, rissen die Leute bei jeder aussetztenden Bassdrum die Arme in die Luft und schrieen wie verrückt, wenn diese dann wieder einsetzte. Um kurz vor 0.00h wurde dann ein Countdown eingeblendet und Takkyu erschien auf dem DJ – Pult, um mit den Leuten das neue Jahr zu begrüßen. Um 0.00h des Jahres 2007 knallten dann die Korken, jeder Besucher hatte dazu am Eingang ein kleines Tischfeuerwerk in die Hand gedrückt bekommen.
Takkyu startete erst ganz gut durch, verfiel dann aber nach ein paar Stunden in ein ziemlich einfallsloses Gebretter, durchsetzt mit einigen Klassikern wie „Higher Stage of Consciousness“ oder „Let the beat just go straight..“ von Perry & Rhodan. Das Set war vom Stil her wie immer gut durchmischt, wobei er viele Stücke, die original eigentlich eher im gemäßigten Tempo liefen, einfach schneller laufen ließ, so dass sie dem 160bpm-Durchschnittseines Sets entsprachen. Gegen 5h landeten dann die richtigen Gabber-Platten auf dem Teller. Ich fand das Gebetter ehrlich gesagt ziemlich ausgelutscht und total out, das wäre um 2000/2001 vielleicht ok gewesen, für die heutige Zeit war es etwas langweilig. Die weitaus progressivere Musi lief an diesem Abend aim oberen Floor, wo ein paar Local Heros die Platten drehten. Hier hörte man wirklich fortschrittliche, originelle Tracks, wie sie eigentlich auch bei uns momentan angesagt sind. Auch hier gingen die Leute richtig ab, allerdings war die Atmospäre auf dem kleinen Floor bei weitem nicht so euphorisch wie unten im großen Club.
Was mir an diesem Abend ins Auge viel waren die Türsteher. Nach meiner bisherigen Erfahrung waren diesen in den japanischen Clubs zwar schon immer recht zahlreich vorhanden, sahen aber „normal“ aus und hatten statt der Aufschrift „Security“ meistens „Staff“. Die Securities an diesem Tag entsprachen mehr dem deutschen Klischee: Zwar keine typischen Steroid-Bomber sondern eher von der Statur eines Sumo-Ringers, aber ca. 1.90m groß (für Japanische Verhältnisse riesig!) und bestimmt 130kg schwer. Diese „Abschreckungspolitik“ hatte ich in Japan so bisher noch nicht gesehen, und ich war auch ein wenig erstaunt, diese ausgerechnet im Liquidroom anzutreffen. Nichts desto trotz wurde ich am Eingang wie immer nicht kontrolliert und auch mein Rucksack erweckte kein Interesse (hätte doch noch ein paar Bier drin bunkern sollen :-)
Das zweite, was mir an diesem Abend auffiel, war das überdurchschnittlich viele Ausländer da waren. Vor zwei Jahren war ich fast der einzige gewesen, dieses Jahr war der Anteil weitaus höher. Entsprechend waren es natürlich dann auch wieder die „Gaijins“, die sich total daneben benahmen, bzw. eigentlich nur einer, der total zugeschossen, Oberkörper frei durch die Gegend lief (das macht in Japanischen Clubs sonst fast keiner) und am frühen Morgen dann nur noch mit der Unterhose bekleidete auf dem Bodest tanzte und seinen nackten Arsch ins Publikum streckte. Der wäre bei uns bestimmt gleich aus dem Club geflogen... Apropos zugeschossen: Auch in dieser Hinsicht war ich etwas negativ überrascht an diesem Abend. Das Drogen auch in Japan konsumiert werden, wenn auch in weit geringerem Ausmaß als bei uns, war mir schon klar. Szenen, dass mehrer Leute zusammen in der Toilettenkabiene verschwanden kannte ich so aus Japan aber noch nicht. Das Publikum war überhaut etwas komisch an diesem Abend, man sah viele Leute, die dem typischen Yakuza-Klischee entsprachen: Oberkörper komplett zutätowiert mit Muskelshirt und Sonnenbrille. Dazu muss man wissen, das Tatoos in Japan immer noch ziemlich verpöhnt sind und man z.B. öffentliche Bäder mit diesen nicht betreten darf.
Die Getränke wurden wie letztes mal auch organisiert: Man mußte sich für 1000 Yen 2 Getränkebons kaufen (1 Bons für 500 Yen ging nicht), also 500 Yen pro Drink (ca. 3.20 Euro). Für die Cocktails und anderen hochprozentigen Mixgetränke (die alle nur in Plastikbechern ausgeschenkt wurden) war dies schon ok, nur ne' Cola koste auch 500 Yen, die kam dann aber in einem 0.33l Plastikbecher, der noch nicht mal ganz voll war und dazu noch zu 50% mit Eiswürfeln gefüllt. Das fand ich dann schon etwas unverschämt, weshalb ich mich den Großteil des Abends an „Moscow-Mule“ hielt :-)
Trotz allem war es stimmungsmäßig wirklich eine der besten Parties, die ich in Japan mitgemacht habe, obwohl ich Takkyus Geschrubbe etwas einfallslos fand und mich den ganzen Abend ärgerte, weil mein Kamera-Akku seinen Geist aufgegeben hatte: Dieser verabschiedete sich an diesem Abend nähmlich leider ungeahnt frühzeitig, so dass ich dummerweise keine guten Bilder machen konnte :-( Die Tanzfläche war bis 6h morgens brechend voll, ab dann wurde es dann ganz allmählich etwas lichter, was aber nur zur Folge hatte, dass die Leute um so ausschweifender tanzten.
Gegen 9h morgens verließ dann auch ich das Liquidroom, eigentlich eher wiederwillig, da der Club noch gut besucht und die Party ungebremst in vollem Gange war. Allerdings war ich nach 12 Stunden feiern dann doch zu k.o. um noch weiter zu tanzen. Wie sagt man so schön: Der Geist war willig aber das Fleisch war schwach :-). Takkyu hat nach Aussage meines japanischen Partykollegen an diesem Tag noch bis 17.20h gepielt, und damit angeblich den Langzeitrekord in Japan gebrochen.
Insgesamt gesehen war die Party war super geil, das Publikum allerdings lange nicht mehr so „unschuldig“ wie ich es vor 6 Jahren kennen gelernt habe. Es scheint, dass mit Ausländern, Redbull und Drogen auch der Anteil der etwas komischen Leute zugenommen hat. Wohlgemerkt, war dieser Anteil immer noch weiit geringer als bei uns, aber es ist mir halt trotzdem aufgefallen. Wobei hier bemerkt sein soll, dass trotz Drogen, Alkohol und komischer Leute alles friedlich geblieben ist, was mich eigentlich doch schon ziemlich erstaunt hat. Da bemerkt man halt doch noch einen deutlichen Unterschied zu unseren Sphären.
Einen kutzen Film vom Jahreswechsel im Liquidroom gibt es in er Video-Sektion.
C U next year!
www.liquidroom.net
|